Wer weiß, ob sie wiederkommen"
Oscar Wilde
Herausragende Salzburger Mondsichelmadonna
Meister im Umfeld des
Michael Pacher
(Mühlen ca. 1435 – 1498 Salzburg)
Salzburg um 1480
Lindenholz geschnitzt
Alte Polychrome Fassung
Höhe 118 cm
Diese Madonna ist ein herausragendes Beispiel für den unverwechselbaren Stil der Spätgotik. Besonders Salzburg war für seine kunstvollen Bildhauerarbeiten bekannt und entwickelte in dieser Zeit die florierende Tradition religiöser Skulpturen in bedeutender Manier weiter.
Maria steht in aufrechter und majestätischer Haltung, das Jesuskind in ihrem rechten Arm präsentierend. Sie hält Jesusnicht direkt, sondern mit einem Tuch fest; eine Geste, die seine Göttlichkeit unterstreicht. Diese indirekte Berührung spiegelt zugleich auch die Ehrfurcht wider, die mittelalterliche Künstler und Betrachter dem heiligen Kind entgegenbrachten. Maria trägt eine Krone mit gotischen Maßwerk-Schnitzereien, die ihren Status als Königin des Himmels betonen. Unter der Krone fällt ihr langes Haar anmutig in Wellen bis zur Taille und verweist auf ihre Weiblichkeit sowie ihre jungfräulich-zeitlose Schönheit. Sie trägt ein fließendes, gegürtetes Kleid, das von einem Überwurf bedeckt ist. Die luxuriöse Außenseite des Umhangs ist vergoldet und symbolisiert göttliches Licht, während die Innenseite – ursprünglich silbern, heute oxidiert – einst für Reinheit stand. Zusammen spiegeln diese Farben Marias Doppelrolle als fürsorgliche Mutter und königliche Gestalt des himmlischen Reiches wider.

Die mondsichel
Ein prägendes Element dieser Skulptur ist der Halbmond unter Marias Füßen, ein symbolträchtiges Zeichen, das eng mit der marianischen Ikonografie und apokalyptischen Visionen verbunden ist. Das Gesicht im Halbmond bezieht sich auf das Buch der Offenbarung (12:1): „Und es erschien ein großes Zeichen am Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet, und der Mond unter ihren Füßen und auf ihrem Haupt eine Krone von zwölf Sternen.“ Dies assoziiert Maria mit der Frau der Apokalypse, einer Figur des Sieges über die Dunkelheit. Derartige Darstellungen waren für das mittelalterliche Publikum von besonderer Bedeutung, welches Maria nicht nur als liebende Mutter, sondern auch als mächtige Fürsprecherin im kosmischen Kampf zwischen Gut und Böse sah. Nach dem Volksmund kann das Gesicht auf dem Mond auch eine weltliche Bedeutungsebene haben, indem es möglicherweise das Abbild des Schnitzers oder einer Person in seiner Werkstatt einfängt und so den Schöpfer in einem ansonsten göttlichen Kontext verewigt.

Das Christuskind und seine Mutter
Das Christuskind sitzt verspielt in Marias rechter Hand, die kleinen Beine keck übereinandergeschlagen. Seine Arme sind ausgestreckt: In der einen Hand hält es einen Apfel, der Christus als neuen Adam ausweist, während die andere Hand wahrscheinlich in einer Geste des Sprechens oder Segnens erhoben ist, was seine göttliche Weisheit schon im Kindesalter unterstreicht. Sein Gesicht wird von den typischen gotischen Locken eingerahmt, die ihm, zusammen mit seinem spitzbübischen Lächeln, einen lebhaften Ausdruck verleihen. Dieser Naturalismus spiegelt die spätgotischeAmbition wider, religiösen Figuren menschliche Wärme zu verleihen, ohne jedoch ihre göttliche Essenz zu schmälern.

Marias Gesicht verkörpert das gotische Ideal weiblicher Schönheit. Sie hat eine hohe Stirn – ein Merkmal, das durch die Mode der damaligen Zeit, bei der der Haaransatz oft nach hinten gekämmt wurde, noch verstärkt wurde – sowie mandelförmige Augen unter zarten, geschwungenen Brauen, eine schmale Nase und einen kleinen, geschlossenen Mund mit jugendlich-roten Wangen. Diese Merkmale erzeugen ein Gefühl von zeitloser Schönheit und unterstreichen Marias Rolle als Figur der Reinheit und mütterlichen Anmut.
Die Draperie
Der Faltenwurf der Kleidung Marias ist besonders aufwändig und trägt zur dynamischen Gesamtwirkung der Komposition bei. Die Innenseite des Mantels ist um Marias Taille sichtbar, wo der Mantel große, voluminöse Schüsselfalten bildet, die der Figur Tiefe und Bewegung verleihen. Maria fasst einen Teil ihres Mantels in der Nähe ihrer Körpermitte zusammen und erzeugt so eine Kaskade komplexer Falten und Knicke, durch die eine lebendigeEnergie vermittelt wird. Gleichzeitig werden die meisterhaften Schnitztechniken hervorgehoben, die für diese Zeit charakteristisch sind. Das darunterliegende Kleid fällt diagonal und lenkt den Blick des Betrachters auf ihren rechten Fuß, der direkt auf dem Halbmond ruht, welcher Marias Sieg über Sünde und Tod symbolisiert.
Das Umfeld Pachers
Aufgrund der Popularität des Sujets gegen Ende des 15. Jahrhunderts existieren einige vergleichbare Skulpturen von Mondsichelmadonnen. Interessant ist hier jedoch das Detail der vor der Körpermitte zusammentreffenden Borten, welche eine Ähnlichkeit zu Bildwerken von Friedrich Pacher (Neustift 1435 – ca. 1508 Bruneck) aufweisen. Beispielsweise im „Gnadenstuhl zwischen den Heiligen Markus und Antonius Eremita“ um 1480/90 (Belvedere Wien, Prunkstall, Inv.-Nr. 4880), wo besonders beim Heiligen Markus der Mantel vor dem Körper zusammengeführt ist. In der hier vorgestellten Skulptur ist dies realistischer gestaltet, da Maria den Umhang mit der Hand zusammenrafft. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Friedrich Pacher mit dem bedeutenden Bildschnitzer Michael Pacher verwandt war und auch bis ca. 1481 mit ihm zusammenarbeitete. Daher ist es möglich, dass der Schnitzmeister dieser Figur aus dem Umfeld Michaels stammte, also auch die Bildwerke von Friedrich kannte und daran Anleihen nahm.
Diese Madonna spiegelt die unverwechselbare Kunstfertigkeit der spätgotischen Bildhauer wider, welcheAndachtssymbolik mit idealisierter Schönheit und detailreicher Gestaltung verbanden. Maria wird nicht nur als sanfte Mutter Christi, sondern auch als majestätische Königin und apokalyptische Siegerin dargestellt, die triumphierend auf dem Halbmond steht – eine Figur von himmlischer Anmut und menschlicher Wärme zugleich.
Publikationen
LEONTINE VON LITTROW
Triest 1856 – 1925 Abbazia
Umfangreichen Überblick über das Gesamtwerk einer in Vergessenheit geratenen „Meisterin des Lichts“. Das Gesamtwerk ist ab sofort über unsere Galerie zu erwerben.
JOSEF STOITZNER
Wien 1884 – 1951 Bramberg im Pinzgau
Werte Liebhaber und Sammler von Josef Stoitzner, das Werkverzeichnis von Josef Stoitzner ist ab sofort über unsere Galerie zu erwerben. Es beinhaltet 600 Seiten mit über 1400 Abbildungen.
Wir kaufen qualitative Gemälde und Skulpturen sowie Antiquitäten aller Epochen (Antike bis zur Gegenwart).
Drei Generationen Erfahrung im Kunsthandel auf höchstem Niveau gibt uns die Möglichkeit, auch bedeutende Objekte zu erwerben. Wir sind ein seriöser und verschwiegener Partner bei Einzelobjekten, ganzen Sammlungen und Nachlässen.
Wir freuen uns, auf Ihre Kontaktaufnahme mit unserer Galerie.
Bleiben Sie informiert!
NEWSLETTER ANMELDEN:
Kontakt
SHOWROOM HIETZING
Neue-Welt-Gasse 21- 23
1130 Wien/Austria
Mo – Fr 10.00 bis 16.00 Uhr
und nach telefonischer Vereinbarung:
+43 (0) 1 512 25 58